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Fahrt 2005

Bildergalerie:

Bildergalerie der Fahrt 2005 - aufgenommen von W. Baroke:

Reiseberichte von Schülerinnen und Schülern:

Reiseberichte von Schülerinnen und Schülern:

Märkte in Burkina Faso

Katharina Krause 2005

Märkte in Burkina Faso sind wie jeder Markt in erster Linie ein Ort zum Waren austauschen. Aber natürlich ist dies auch der Platz, an dem sich alle Leute treffen und die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht werden. Da in den ländlichen Regionen Burkina Fasos Handys, Fernseher, Internet oder auch normale Telefone nicht sehr verbreitet sind, ist der Markt ein sehr wichtiges Kommunikationsmittel.

20050076Natürlich kann man aber auch alle Lebensmittel auf den Märkten bekommen. Ob man nun tote oder lebende Hühner haben will, Gemüse, Obst, Bohnenbällchen oder frisch gebackenes Brot, alles ist zu haben. Auf vielen Märkten bekommt man dann noch Tücher in allen Farben oder bunte Eimer, was in Burkina Faso Standard ist. Einen einfarbigen Eimer haben wir nirgends entdeckt.

In Kongussi war der Markt eine Art Labyrinth in dem wir uns erst zurecht finden mussten. Aber wir bekamen Hilfe von einem Eingeborenem, der uns gerne herumführte, aber da er leider kein Französisch sprach und im Englischen nur „I love you" sagen konnte, gestaltete sich die Kommunikation etwas schwierig. Beim ersten Besuch wurden wir noch neugierig von den Menschen auf dem Markt betrachtet und besonders die Kinder folgten uns die ganze Zeit mit ihren Waren auf dem Kopf. Aber nach drei Tagen in Kongussi gewöhnten wir uns an den engen und immer vollen Markt und die Eingeborenen gewöhnten sich an uns. Auf den Märkten gibt es nicht nur viele verschiedene Waren, Menschen und Farben, sondern auch viele verschiedene Gerüche. Gerüche nach frisch gebackenem Brot und daneben der Schlachter vor dessen Tür die Aasgeier gierig hocken.

Aber neben den Märkten mit Nahrungsmitteln gibt es auch noch Viehmärkte oder Kunstmärkte. In Gorom-Gorom besuchten wir einen Viehmarkt. Hier stehen die Schafe friedlich neben den Ziegen, Kühen und Eseln. Viele Herden treffen hier auf einander und einige wechseln ihren Besitzer. Neben dem großen Viehmarkt ist auch ein Kunst- und Nahrungsmittelmarkt sehr berühmt in Gorom-Gorom. Auf diesem Markt trifft man auch andere Weiße, die hier Schmuck, Tücher, Trommeln, Skulpturen und vieles mehr bekommen können. Nach ein paar Minuten auf dem Markt hatten wir sofort einen eigenen Führer für uns, der uns die schönsten Stände zeigen und für uns den Preis verhandeln wollte. Aber gerade das war für uns das spannendste. Am Anfang waren wir noch etwas unsicher, aber nach einer Zeit hatten wir schon unsere besonderen Tricks um einen niedrigen Preis auszuhandeln.

Auch hier sahen die Marktleute uns gerne, da wir gute Abnehmer ihrer Ware waren. Doch nicht überall wurden wir, die immer nur „les blances" genannt wurden, so gerne gesehen. In Dori, einer Stadt weiter im Norden, waren die Menschen skeptischer. Auf ihrer Bank wollten sie uns nicht so viel Geld umtauschen, weil die Weißen ihnen alles klauen würden. Aber nachdem wir eine Stunde in der Bank waren, diskutierten wir nicht länger mit ihnen und gaben uns mit dem Geld was wir umgetauscht bekamen zufrieden. Dann endlich, nach eineinhalb Stunden, konnten wir die Bank wieder verlassen mit Geld von dem wir uns auf ihrem Markt Nahrungsmittel kauften.
Auf anderen Märkten, wie zum Beispiel auf dem Kunstmarkt in Ouagadougou, waren wir wieder sehr beliebt, sogar so sehr, das uns ein Marktbesitzer heiraten wollte und sehr traurig war, dass wir dann doch nur seine Skulpturen mit nach Hause nahmen. Meistens waren es jedoch die Kinder, die uns schon beim Aussteigen aus dem Auto umzingelten und um Geld baten oder sich freuten, wenn wir sie fotografierten und anlächelten.

20050073Oft gaben sich die Einwohner sehr viel Mühe um uns etwas verkaufen zu können. So bauten sie in Bani für uns erst einen improvisierten Markt auf. Bei unserer Ankunft saßen nur einige Kinder und einige ältere Leute an der Wand einer Moschee, die wir besichtigten. Als wir später wieder aus der Moschee heraustraten saßen 10 oder 15 Frauen und Mädchen mit bunten Topfuntersetzern und Rasseln vor uns und warteten, dass wir ihnen was abkauften. Wie aus dem Nichts waren sie alle gekommen und priesen ihre Ware an.

Ein anderes Mal kam ein Kunsthändler mit seiner Ware zu uns ins Hotel, damit wir dort in Ruhe Sachen aussuchen konnten und nicht auf dem vollen Markt mussten. Innerhalb weniger Minuten hatte er eine Decke ausgebreitet, die voller Ketten und Ringe war. Außerdem verkaufte er uns noch Trommeln, aber erst nachdem er uns mit seinen Freunden etwas vorgespielt hatte und auch versuchte uns das Trommeln beizubringen.

Diese vielen verschiedenen Märkte zeigten uns eine ganz andere Welt. Sie symbolisieren die Vielseitigkeit Burkina Fasos. Und zeigten uns auch, wie unterschiedlich die Menschen auf uns reagierten. Die vielen verschiedenen Gerüche, Farben und Gesichter der Menschen, die sehr viel Leid, aber auch Freude zeigten, werden uns immer in Erinnerung bleiben.


Unser Aufenthalt in Tamiga

Anja Frerichs 2005

Es ist der 2.Januar 05, der fünfte Tag unserer Reise durch Burkina Faso. Es ist der Tag, an dem wir das erste Mal nach Tamiga fahren, in das Dorf, mit dem unsere Schule seit 12 Jahren eine Partnerschaft pflegt.

Aufgeregt fahren wir mit unserem Jeep in der Mittagszeit los. Die Autofahrt von Ouagadougou nach Kongussi war ja schon recht holprig, wobei auch eine Sitzbank unter unserem Gewicht zusammenbrach und jetzt durch einen Wagenheber erfolgreich oben gehalten wird. Aber die Straßen zwischen den beiden Städten sind nichts gegen den schmalen Weg, der nach Tamiga führt und kaum als ein Weg erkennbar ist.

20050124Nach einer etwa halbstündigen Autofahrt kommen wir in Tamiga an und zwar direkt neben der Schule. Die Mitglieder des Ältestenrats warten schon auf uns und das, obwohl sie weder wussten an welchem Tag, noch um welche Uhrzeit wir kommen würden. Wir werden in einen der drei Klassenräume der von uns finanzierten Schule geführt. Wir bekommen ein Begrüßungsgetränk, welches jeder Gast in Tamiga serviert bekommt. Es besteht aus Wasser aus einem ihrer Brunnen, Zucker und Mehl. Sofort erinnern wir uns an die Worte von Herrn Wester: „Das Wasser in den Kleinstädten und in den Dörfern Burkina Fasos können unsere europäischen Mägen nicht gut vertragen, d.h. ungekocht besser nichts davon trinken!" Aus Höflichkeit trinken wir zumindest etwas und einige auch alles von diesem nicht unbedingt leckeren Trank. Zum Glück bereitet dieses Getränk später Niemandem Probleme.

Das anschließende Gespräch verläuft so, dass Herr Wester erzählt und Fragen stellt, dies wird dann von Fanny Coutier ins Französische übersetzt. Der Schulleiter der Schule übersetzt das Französische dann für die Bewohner in Moré, die Muttersprache der Dorfbewohner Tamigas. Auf die Frage, ob es ein gutes Jahr für sie gewesen sei, erhalten wir die Antwort: „Nein!" Das Wasserloch, das zum Wäsche waschen, zum Vieh tränken, zum Getreide wässern und zum Häuser bauen benötigt wird, sei völlig leer. Es gäbe nicht genug Nahrung für alle Bewohner und viele seien krank. Dies ist wohl das Erschütterndste, was wir bis jetzt gehört haben und auch bis zum Schluss unserer Reise hören werden.

Nach dem Gespräch machen wir einen kleinen Rundgang durch das Dorf, auf dem wir von vielen Kindern begleitet werden. Die Kinder haben allesamt Hungerbäuche, einige von ihnen haben entzündete Augen. Sie husten stark, dies liegt zum Teil an der staubhaltigen Luft, die in diesen Tagen sehr schlimm ist. Daher haben wir unsere Kopftücher zweckentfremdet und tragen sie als Staubschutz vor Nase und Mund. Wir sehen, dass das Wasserloch völlig ausgetrocknet ist, obwohl die Trockenzeit erst begonnen hat. An einem der Trinkwasser-Brunnen versuchen wir, die Besucher, auch einmal Wasser zu schöpfen. Das Wasser schöpfen ist Aufgabe der Kinder in Tamiga und es ist sehr anstrengend. Genau wie die Frauen des Dorfes mahlen wir Hirse mit einem Stein.

D20050212ie Frauen haben viele Kinder, um die ausschließlich sie sich kümmern. Wenn die älteren Geschwister etwa 4 Jahre alt sind, müssen sie die jüngeren betreuen, da die Mutter meistens bereits ein weiteres Kind erwartet. Die Babys werden von den Müttern und Geschwistern mit einem Tuch auf dem Rücken festgebunden. Die Frauen führen auch den Haushalt, waschen Kleidung und bauen Getreide an... Die Männer dagegen haben die „schwierigste" Aufgabe: Sie tragen die Verantwortung und müssen organisieren!

Von einem Hügel in der Mitte des Dorfes aus sehen wir, wie Tamiga aufgebaut ist: Das Dorf besteht aus drei kleineren Teilen, die „Cartiers" genannt werden.

Bevor wir wieder nach Kongussi zurückfahren, lassen wir noch ein paar leere Trinkflaschen für die Kinder im Dorf. Sie freuen sich riesig, denn damit können sie Wasser aus den Brunnen mit zur Schule nehmen.

Am nächsten Morgen laden wir in Kongussi unser Gepäck auf das Dach unseres Jeeps. Wir wollen wieder nach Tamiga fahren, diesmal aber mit der Absicht, die Nacht dort zu verbringen. Wir haben uns entschlossen, nur eine Nacht zu bleiben, damit wir den Bewohnern keine zusätzliche Arbeit machen. Dies war eine gute Entscheidung, denn bereits am gestrigen Tag haben wir bemerkt, dass der Staub uns ganz schön zu schaffen macht. Das Atmen fiel uns schwer und abends hatten wir Nasenbluten.

In Tamiga angekommen, bauen wir unsere Zelte in einem der Klassenzimmer auf, zum Schutz vor Mücken und anderen Kleintieren. Es zeigt sich, dass Frauen einfach geschickter im Aufbauen der Zelte sind.
Danach führen wir erneut ein Gespräch mit den Dorfbewohnern. Wir möchten wissen, was sich die Dorfbewohner wünschen und wie es mit den Kindern nach Ende der Schulzeit weitergehen soll. Über unsere Idee und Planung, eine Berufsschule zu bauen, die ihre Kinder nach Abschluss der 6. Klasse besuchen können, sind die Dorfbewohner begeistert. Darüber hinaus wird Tamiga einen weiteren Brunnen erhalten. Außerdem soll ein Gebäude für die Getreidebank gebaut und die Anzahl der Getreidesäcke zur Lagerung aufgestockt werden.

Wir erhalten Gastgeschenke, die jedem von uns persönlich überreicht werden. Die Frauen erhalten eine Ledertasche und die Männer traditionelle Kleidung. Die männlichen Bewohner Tamigas müssen nun den Klassenraum verlassen, damit wir fünf Frauen alleine mit den Dorfbewohnerinnen sprechen können. Wir möchten wissen, was sich speziell die Frauen wünschen und erfahren, dass sie gerne mit einer Afrikanerin über Probleme wie Beschneidung und Aids sprechen möchten. Wir haben sehr gehofft, dass die Frauen diesen Wunsch äußern, denn die Beschneidung ist eine grausame Tradition, die keinem Mädchen und keiner Frau zugefügt werden dürfte.

Vor dem Schulgebäude tanzen die Frauen; sie stehen dabei in einem Kreis und jeweils zwei Frauen gehen in die Kreismitte. Der Rhythmus wird durch Klatschen erzeugt. Die beiden Frauen stoßen während des Tanzens ihre Pos aneinander. Einige Frauen haben dabei ihre Kinder auf dem Rücken. Wir Mädchen durften bei dem Tanz mitmachen, durch den Frauen in die Dorfgemeinschaft aufgenommen werden.

20050204Erneut besichtigen wir das Dorf und sehen, wie die Bewohner leben. Die muslimischen Männer haben mehrere Frauen. Diese Männer haben eine eigene Lehmhütte, genau wie jede ihrer Frauen gemeinsam mit ihren Kindern. Unser Patenkind Abul wird von uns beschenkt. Er ist das Patenkind unseres Projektes, da er geboren wurde, als die Grundsteinlegung zum Schulbau war. Abul schenkt uns im Gegenzug ein Huhn. Noch stand die Frage offen, wer von uns es schlachten soll, denn wir können ja kein lebendes Huhn mitnehmen. Zum Abendessen können wir es allerdings noch nicht essen, denn die Frau des Schulleiters hat uns etwas gekocht. So verschiebt sich die Schlachtfrage erst einmal. Es gibt Reis mit Huhn und Salat. Und schon wieder haben wir ein Problem. Der Salat wird mit dem Wasser aus den Brunnen gewaschen, aber wir haben ihn trotzdem mutig verspeist. Anschließend unterhalten wir uns mit den zwei Bewohnern, die eine medizinische Ausbildung erhalten haben. Sie möchten, dass das Geburtshaus des Dorfes erneuert wird, allerdings weniger von innen, sondern von außen. Wir sind damit nicht einverstanden, da das Gebäude von innen nicht hygienisch sauber gehalten wird. Und solange sie dies nicht ändern, wird das Gebäude nicht erneuert.

In dieser Nacht in Tamiga haben wir aufgrund einer harten Isomatte und der Kälte wenig geschlafen. Nach dem Frühstück, das wie immer aus Baguette mit Marmelade oder Schmierkäse besteht, sehen wir beim Schulunterricht der 2. Klasse zu. In jedem Klassenraum werden ca.80 Schüler zur gleichen Zeit unterrichtet. Es besuchen mehr Mädchen als Jungen die Schule, was äußerst selten in Burkina Faso ist. Mädchen werden eigentlich nicht zur Schule geschickt, da sie sowieso früh heiraten, dann den Haushalt führen und sich um die Kinder kümmern. Heute haben die Kinder Biologieunterricht, sie melden sich alle und zwar fast die gesamte Stunde. Anschließend bekommen sie Luftballons von uns; weil das Aufpusten ihnen Schwierigkeiten bereitet, pusten wir zahlreiche Luftballons auf. Außerdem schenken wir den Kindern Schreibmaterial, Süßigkeiten und weitere Flaschen.

Nach einem abschließenden Gespräch verlassen wir Tamiga mit gemischten Gefühlen.
Erst viel später bemerken wir, dass wir das Huhn beim Schulleiter vergessen haben, wir sind nicht gerade traurig darüber.


Eindrücke aus Tamiga

Sandra Hinzmann 2005

Als wir in Tamiga ankamen, wollten wir weder Geschenke, noch knicksende Begrüßungen oder Cola. Wir wollen nur sehen, dass dort ein Prozess in Gange ist, der ein Ziel der Gesundheit, Bildung und Aufklärung der dortigen Bevölkerung durchsetzt. Natürlich möchten uns die Dorfbewohner ihre Dankbarkeit zeigen und uns etwas zurückgeben. Doch jeder weiß, dass dort wo die Not ohnehin schon groß ist, das wenige Geld für andere Dinge besser investiert wäre.

20050175Und ein jeder dort reisender wird solche Zwiespälte erleben müssen und auch jedes Handeln meinerseits führte mich in einen inneren Konflikt. Wenn ich zum Beispiel Männer, Kinder, und Frauen und deren Tiere fotografierte, die von Armut und Krankheit gezeichnet worden sind, dann tat ich das eigentlich um Dinge zu dokumentieren und um diese Bilder dann nach Hause zu transportieren und um sie dort auch an Andere zu vermitteln. Doch in dem Moment, in dem man vor einem Kind steht, das durch einen einfachen Fingerdruck und mit Hilfe unseres Wohlstands nach nur wenigen Sekunden in eine Anordnung von Pixeln auf dem Display einer Digitalkamera zerfällt, fühlt man sich nicht wie ein „toller, weißer Helfer", wie es vielleicht manche von euch vielleicht glauben mögen.
Und auch die Erweiterung meines Selbstwertgefühls, durch das „Danke" eines Menschen im Dorf steht nicht auf der Liste von Dingen die ich in Tamiga erfahren wollte.
Jeder der glaubt, eine solche Fahrt beruhigt das Gewissen, denn man tut doch etwas gegen die herrschende Armut, weiß nicht wie es sich anfühlt, wenn man Kinder sieht, deren Bauchnabel vor Hunger nach außen gedreht ist.
Stellt euch vor, vor euch sitzen zwei Menschen - eine Frau und ein Mann - die beide über Hygiene und medizinische Ersthilfe aufgeklärt worden sind. Doch was sie fordern ist nicht eine Vergrößerung des Bestands an Medikamenten oder neue medizinische Schulungen für die Dorfbewohner. Nein, sie halten dagegen eine Sanierung der Fassade der Gesundheitsstation für notwendig. In solchen Momenten beißt man sich auf die Lippe und fragt sich was falsch läuft.

Doch was habe ich erwartet?
Einen Ausbau sozialer europäischer Werte und unserer Kultur inmitten in der Sahelzone Westafrikas?
Wie sollen Menschen die nicht verstehen warum sie krank werden begreifen, das Dreck zwischen Arzneimitteln nichts zu suchen hat?
Man spürt wie in einem die Wut kocht, wenn man feststellen muss, dass die Tochter des Lehrers mehr Freiräume hat, als andere Kinder des Dorfes. Es bring einen zur Verzweiflung Männer zu sehen, die den gesamten Tag nur im Schatten sitzen, während deren Frauen schwerste körperliche Arbeit leisten.
Ich habe an ein Dorf geglaubt, welches Zusammenhalt lebt und auch aus den geringsten zur Verfügung stehenden Mitteln, den größten nutzbaren Erfolg zieht. Denn „Not macht erfinderisch" gehört wohl auch zu den Dingen, die ich mir in einer solchen Situation vorstellte. Zwar ist es nicht falsch zu glauben, dass sich die Dorfbewohner nicht bemühen ihren Zustand zu verbessern, aber es ist dagegen auch nicht richtig zu denken, dass diese ihre gesamte Kraft in ihr Schicksal legen.
Fährt man zum Beispiel von Ouagadougou weiter in Richtung Kongussi, sieht man dort andere Dörfer, in denen kein verputztes oder Wellblech Haus ein Entwicklungshilfe Projekt vermuten lässt. Man sieht Dörfer, die selbst Sonnendächer gegen die Hitze gebaut haben. Und zwar lediglich ein paar Pfähle in den Boden geschlagen und eine verzweigte Dachkonstruktion mit aufliegendem Stroh zum endgültigen Schutz vor der Sonne. Das ist etwas, das für jedes Dorf zu schaffen ist. Doch der Ältestenrat von Tamiga bittet uns darum für sie ein solches zu bauen, damit die Kinder in den Pausen einen Schattenplatz haben.
Aber sollen wir uns nun zurückziehen, damit es für die Dorfbewohner keine andere Möglichkeit mehr gibt außer der, selbstständig zu Handeln? Oder stagniert der bis jetzt erreichte Fortschritt lediglich und man sollte bereits erreichte Strukturen verändern um einen Fortschritt weiter voran zu treiben?
Aber ganz egal was wir tun werden: Niemand kann die Grundsätze ändern, die dieses Land beherrschen. Und selbst der höchsten Instanz des Landes klebt Blut an den Händen.

Burkina Fasos Präsident Blaise Compaoré lies vor 17 Jahren seinen Vorgänger Thomas Sankara mit Hilfe eines Militärputsches ermorden.
Dessen Politik war, im Gegensatz zur heutigen, ausgerichtet auf den Kampf gegen den Hunger und die herrschende Korruption, die Verbesserung des Bildungswesens und der Gesundheitsversorgung, sowie die Gleichstellung der Frau. Er verbot in Westafrika die Beschneidung von Frauen, was in dieser Region vergeblich nach Nachahmern sucht. Er verurteilte Polygamie und propagierte Verhütung zum Schutz vor AIDS. Dieser Mann versprach Fortschritt und hätte ihn vielleicht wirklich erreicht. Doch diese neunen Ideen passten nicht in das System der immer noch existierenden Seilschaften. Und solange diese Hürden bestehen, wird es auch für Dörfer wie Tamiga schwierig einen massiven Fortschritt ihrer Lebenssituation und ihrer Gesellschaftsprinzipien zu erzielen.

Frauen und Mädchen waren, sind und werden auch weiterhin noch lange das erste Opfer bleiben. Doch wer hier nur die entsetzliche Ungerechtigkeit sieht, vergisst, dass trotz all dem ein Frauenrat aufgebaut wurde. Dass mehr Mädchen wie Jungen in der ersten Klasse sind. Dass sich Frauen über die Jahre ein immer mutigeres Auftreten wagten. Und auch, dass es eine immer größer werdende Zahl von Aufklärungskampagnen gibt.
Die gemeinsame Unternehmung, das schon erwähnte Sonnendach zu bauen, hieße das gesamte Dorf würde zusammen für die eigenen Kinder arbeiten. Diese zwei Dinge liegen in Tamiga, und ganzheitlich gesehen auch in der gesamten Mossi Kultur leider nicht unbedingt dicht aneinander.
So schwer es uns auch fallen mag, das zu verstehen.
Um uns das deutlicher zu machen: Stellt euch vor, ihr haltet einen Schraubenschlüssel in eurer Hand und ihr seht ein kaputtes Gerät, an dem lediglich eine Schraube angezogen werden müsste. Für euch wäre alles Weitere klar.

20050012Doch eben dieses Problem führte die Menschen in Tamiga dazu, die lokale Baugesellschaft einzuberufen um diesen banalen Schaden zu beheben. Erst als ein Dorfbewohner darauf angesprochen wurde, man könne den Schaden eigentlich auch selbst beheben, und dieser keine Antwort wusste, verdeutlichte das den herrschenden Mangel an Selbstständigkeit.
Und eben diese Umstände sind mit einer kurzzeitigen Unterstützung kaum zu ändern. Zukunftsorientierte Hilfe und nicht nur der Blick auf die Gegenwart muss Ziel der „Hilfe zur Selbsthilfe" sein.
Und auch wenn Schulen keine Mägen füllt, eine Hebamme keine Beschneidung verhindert und eine Getreidebank keine Hungerbäuche verschwinden lässt. Es sind eben diese kleinen Erfolge, die uns darauf hoffen lassen, dass nach einem langen, steinigen Weg endlich eine bessere Zukunft auf unsere Schützlinge wartet.
Eine Zukunft in der auch unsere Hilfe hoffentlich nicht mehr notwenig sein wird.
Wann dieser Weg von der durch Schlaglöcher durchzogenen Landstraße zu einer geteerten wird, ist noch nicht abzusehen. Doch wer soll anfangen diesen Weg zu ebnen, wenn nicht wir? Und „kleine Abgründe werden immer wieder Dinge zu Fall bringen, aber Ideen lassen sich nicht töten" (Thomas Sankara, in einer Rede eine Woche vor seiner Ermordung).


Zwischen Stadt und Land liegen Welten

Sina Zimmermann 2005

Roter Sandstaub vernebelte die Luft. Der Asphalt der Straße brennt. Links und rechts sind Verkaufsstände mit Kleidung und CDs. Es stinkt nach warmen Fäkalien und verrottendem Abfall. Sie verfaulen in einer Rinne neben der Straße – abgedeckt durch ein paar Steine. An jeder Ampel stehen etwa zwei bis drei Jungen, nicht älter als 15 Jahre, und verkaufen Handykarten. Wir sind in Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos. Mädchen und Jungen verkaufen Obst oder einfachen Schmuck an wohlhabende Afrikaner oder an uns - „le blanc" (= die Weißen). Ihre jüngeren Geschwister betteln. Mit alten, kaputten Blechbüchsen gehen sie umher. Ihre Kleidung ist zerrissen, ihre Gesichter verdreckt, ihr Blick gesenkt. Ein leises Gemurmel, ein trauriges Bitten.

20050053Die Lebenserwartung in Burkina Faso beträgt im Durchschnitt 44 Jahre. Das tägliche Einatmen der Abgase verschlechtert ihre Lebensbedingungen enorm, doch eine andere Möglichkeit zum Überleben haben sie nicht. Armut prägt das Bild. Wir würden den Kindern gerne helfen, aber es wäre nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Sie würden lächeln, es würde ihnen für den Moment gut gehen. Dennoch, würde es bei diesem einen Moment auch bleiben. Wie viel die Kinder selber von dem Geld haben und wie viel sie davon ihrer Familie geben, wissen wir auch nicht.
Es bleibt der traurige Blick der Sechsjährigen, ihre zarten flehenden Stimmen, das herzerweichende Fordern. Die Kinder werden auch morgen wieder an dieser Stelle stehen, die gleiche verrostete Büchse in ihren kleinen Händen, der gleiche unglückliche Blick in ihren dunklen Augen.

Es geht weiter mit dem Jeep in Richtung Norden zu den drei Dörfern Kongoussi, Tamiga und Dori. Die offenherzige Begrüßung der Kinder und die freundliche, aber schüchterne Zurückhaltung der Erwachsenen zeigen sich vor allem in Kongoussi und Tamiga. Mädchen und Jungen stehen am Wegrand, ihre Kleidung ist rot von dem Sandstaub, ihre T-Shirts sind ausgebeult durch Hungerbäuche, ihre Gesichter sind mit Dreck beschmiert. Sie stehen und sitzen auf einem Müllberg, schauen uns an. In ihren Gesichtern ist keine Spur von Traurigkeit zu sehen. Sie lächeln uns an, winken und laufen dem Jeep mit „den Weißen" hinterher. Der enorme Unterschied zwischen der Mentalität in der Stadt und der auf dem Land wird deutlich.
Kinder wühlen im Müll, neben ihnen Schweine und Ziegen bei der gleichen Tätigkeit. Die Häuser aus Lehm, nicht wesentlich größer als ein 3-Personen-Igluzelt, das Dach aus geflochtenem Stroh. Sie halten in der Regel nicht länger als zehn Jahre, dennoch ist der Zerfall bereits jetzt deutlich. Nur wenige Dorfbewohner können sich eine „Toilette" leisten, ein noch geringerer Anteil hat fließendes Wasser. Die äußeren Lebensbedingungen scheinen hier schlimmer zu sein, als in der Stadt. In dem Dorf Tamiga gibt es bloß drei Brunnen für mehr als 1.000 Einwohner, die einzige Quelle von sauberem Wasser. Die Hungerbäuche der Landkinder sind ausgeprägter, viele haben nur eine kure Hose an, versuchen ihre nach außen gestülpten Nabel zu verdecken. In ihren Gesichtern klebt der trockene Sand, Waschen ist nutzlos.

Auf dem Land gibt es nicht viele Möglichkeiten Geld zu verdienen. Es sind zu wenige Menschen dort, denen sie etwas verkaufen könnten, noch weniger von denen sie Geld erbetteln könnten. Hier ist der Unterschied zwischen arm und reich nicht so deutlich erkennbar wie in den Städten, wo neben dem Geschäftsmann in Anzug und Krawatte ein anderer Mann mit verstümmeltem Körper am Boden liegt. Hier sind sie fast alle arm, man versteht die Probleme der anderen.

20050052Mit scheuen Blicken, weit aufgerissenen dunklen Augen beobachten die Mädchen und Jungen jeden Schritt, jede Bewegung von uns, den Fremden. Wir schenken ihnen leere Wasserflaschen, die sie für die Schule gut gebrauchen können. Sie lachen und winken; beginnen zu singen und tanzen, sobald sie unseren Fotoapparat erblicken. Die Kinder haben einen Stock und einen alten Fahrradreifen bei sich, mit dem sie im Sand spielen. Für die Kleinen mit den europäischen Pokémon- und 50Cent-T-Shirts war es das Größte, uns die Hand zu geben oder für Fotos posieren zu dürfen. Es geht den Bewohnern Tamigas im Moment nicht gut, die Ernte fiel schlecht aus. Es ist nicht sicher, ob die Brunnen in der Trockenzeit weit genug in das Grundwasser hineinreichen werden. Sie haben viel gelacht und hatten unbeschreiblich viel Spaß mit den von uns mitgebrachten Luftballons, Cappies, Kugelschreibern, Ansteckern und weiteren kleinen Geschenken. Für ihre Eltern war es viel mehr eine Lebensmotivation. In Gesprächen wurde festgelegt, wie wir im Weiteren mit dem Schulbau vorgehen werden, welche Bedeutung die Gesundheit und die Bildung im Dorf hat und wo Verbesserungen wichtig sind.

Auf dem Land haben die Menschen noch Hoffnung und Energie die schlechten Zeiten zu überwinden. Die Möglichkeit zur Schule zu gehen gibt den Erwachsenen ein größeres Vertrauen in die Zukunft ihrer Kinder.
Diese Zuversicht in den Gesichtern der Menschen ist es, die uns dazu bringt mit aller Kraft weiter zu machen. Für sie gibt es noch Chancen durch Bildung in ihrem Leben etwas zu erreichen, für das es sich zu kämpfen lohnt.

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